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Das Mädchen und der Messerwerfer / Le Sacre du printemps
Sonntag, 15. Juni 2014
19.30 Uhr – 21.30 Uhr
Utopia (ehemals Reithalle)
Dauer ca. 2 Stunden · Triadisches Ballett (ca. 19.30 - 20.40 Uhr) · Pause (ca. 20.40 - 21.10 Uhr) · Le sacre du printemps (ca. 21.10 - 21.50 Uhr)
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In Zusammenarbeit mit den Ballettcompagnien Bielefeld und Osnabrück und der Akademie der Künste, Berlin
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Besetzung
Das Mädchen und der Messerwerfer
- Choreographie
- Simone Sandroni
- Bühne und Kostüme
- Lenka Flory
- Licht
- Arai Tomiko
- Das Mädchen
- Emma Barrowman
- Der Messerwerfer
- Nikita Korotkov
- Der Clown
- Matej Urban
- Frau 1
- Giuliana Bottino
- Frau 2
- Francesca Dell Aria
- Russischer Hip-Hopper 1
- Ilia Sarkisov
- Russischer Hip-Hopper 2
- Dustin Klein
Le Sacre du printemps
- Choreographie
- Mary Wigman
- Musik
- Igor Strawinsky
- Bühne und Kostüme
- Wilhelm Reinking
- Rekonstruktion
- Henrietta Horn
- Die Erwählte
- Katherina Markowskaja
- Der Weise
- Norbert Graf
- Mütterliche Gestalt
- Séverine Ferrolier
- Zwei Priesterinnen
- Freya Thomas
- Liebespaar Frau
- Maira Fontes
- Liebespaar Mann
- Matteo Dilaghi
- Ein Jüngling
- Maged Mohamed
- Chorführerin
- Sinéad Bunn
- Mädchen mit Krone
- Zuzana Zahradníková
Mehr dazu
Für die Rekonstruktion Le Sacre du printemps in der Choreographie von Mary Wigman, Musik Igor Strawinsky, haben die Städtischen Bühnen Osnabrück und Bielefeld als Kooperationspartner des Bayerischen Staatsballetts den Zuschlag des Tanzfonds Erbe der Bundeskulturstiftung erhalten. Damit wird die wissenschaftliche Recherche und Rekonstruktion eines der wichtigsten Ballette des 20. Jahrhunderts unter der Leitung der Tanzhistorikerin Dr. Patricia Stöckemann in NRW stattfinden, und die Choreographie im Sacre-Jahr 2013 in der Fassung einer der wegweisenden deutschen Tanzschöpferinnen wieder auf die Bühne zurückkehren.
Da keine Filmaufzeichnung der Choreographie vorliegt, erfolgt die Rekonstruktion unter der Leitung der Choreographin Henrietta Horn u.a. anhand der Fülle von Skizzen und Tagebuchnotizen Mary Wigmans, Fotomaterial sowie unter der Mitarbeit von Zeitzeuginnen. Das Bayerische Staatsballett studiert die solchermaßen rekonstruierte
Fassung in der großen Originalbesetzung mit 45 Tänzer/innen im Juni 2014 ein.
Gezeigt wird Le Sacre du printemps gemeinsam mit der Wiederaufnahme von Simone Sandronis Das Mädchen und der Messerwerfer nach dem gleichnamigen Gedichtzyklus von Wolf Wondratschek. Simone Sandroni kreiert zum musikalischen Arrangement von 48nord die Choreographie. Sein von Kampftechniken beeinflusster, stark physisch betonter Stil versetzt die Tänzer in ständige lauernde Alarmbereitschaft, die einen hohen Grad an Konzentration und Energie fordert. Hier entfaltet sich die Geschichte um die junge Frau, die sich erst in der bedrohlichen Situation der allabendlichen Messerwerfer-Nummer wirklich lebendig fühlt.
Biografien
Mary Wigman (eigentlich Marie Wiegmann) wurde 1886 in Hannover geboren.
Ihre ersten Tanzeindrücke waren Grete Wiesenthal und Jacques Dalcroze.Bei letzterem wurde sie 1911 gegen den Willen ihrer Eltern Schülerin. Der Maler Emil Nolde machte sie dort aufmerksam auf Rudolf von Laban, der mit seinen Schülern in Ascona lebte und in dessen Kreis sie 1913 als Schülerin und spätere Assistentin eintrat. Seine Theorien über die Souveränität des Tanzes, über seine Unabhängigkeit von der Musik, seine Pläne in Bezug auf Tänzergruppen und Bewegungsdrama wurden von ihr aufgenommen, verarbeitet und in die Wirklichkeit umgesetzt. Laban nannte sie ihren entscheidenden Lehrer.
Nach Jahren der Krankheit und des Misserfolgs konnte Wigman 1920 eine eigene Tanzschule in Dresden eröffnen, die zu einem Zentrum des modernen Ausdruckstanzes werden sollte. Sowohl als Solotänzerin als auch mit ihrer Tanztruppe bereiste sie zunächst Deutschland und später die Kunstzentren Europas. In München und Berlin bildeten sich bedeutende Zweigschulen. Harald Kreutzberg, Gret Palucca und Yvonne Georgi gingen aus ihrer Schule hervor. Zwischen 1930-33 tourte Wigman jährlich als Solotänzerin durch die USA. Nach 1933 bezeichneten die Nazis sie und ihre Kunst als 'artfremd' und 'international'. Schließlich schloss man ihre Schule und verbot ihr, öffentlich aufzutreten.
Nach Kriegsende konnte sie jedoch zunächst wieder eine Tanzschule in Leipzig eröffnen. Der Spielplan der Leipziger Oper für 1946/47 sah als besonderes Ereignis die Aufführung von Glucks Orpheus und Eurydike in einer Inszenierung von Mary Wigman vor, die seither immer wieder als Gastregisseurin an bedeutenden, auch westdeutschen Bühnen hervortrat. 1949 errichtete sie zusammen mit Marianne Vogelsang in Berlin-Dahlem ein neues 'Tanzstudio Mary Wigman', dem ein tanzpädagogisches Seminar angeschlossen wurde.
Der Ruhm Mary Wigmans, die mit 80 Jahren noch immer unterrichtete, ging weit über Deutschland hinaus. Gastspiele in Italien, der Schweiz und Holland, in London und Paris fanden lebhaftes Echo. In Amerika wurde sie als Schöpferin des 'New German Dance' mit ungewöhnlicher Begeisterung aufgenommen und gefeiert. In New York entstand unter der Leitung von Hanya Holm eine Wigman-Schule. Von ihren eigenen Tanzschöpfungen sind die bekanntesten solistischen Werke Schwingende Landschaft, Herbstliche Tänze und Opfer. Wichtige Gruppentanzwerke sind: Totentanz, Raumgesänge, Die Feier, Frauentänze, Chorische Studien, Sieben Tänze des Lebens, Dreieck, Helle Schwingungen, Mondlied, Zwiesprache, Vision, Klage, Tanzmärchen u.a.m.
Am Mannheimer Nationaltheater eroberte Saul von Händel im Jahr 1954 und Carl Orffs Catulli Carmina und Carmina Burana nicht zuletzt durch ihre Inszenierung und Choreographie das Publikum. 1957 inszenierte sie erfolgreich für die Berliner Festwochen die gefeierte Aufführung von Strawinskys Ballett Le Sacre du printemps, das 2013/2014 in einer einzigartigen Zusammenarbeit zwischen den Stadttheatern in Osnabrück und Bielefeld und dem Bayerischen Staatsballett in München, gefördert von der KSB in Berlin, rekonstruiert und aufgeführt wurde. Am Mannheimer Nationaltheater inszenierte sie im Dezember 1958 Glucks Alcestis. 1961 war sie der geistige Mittelpunkt der Frankfurter Tanzwoche und Anfang der 60er Jahre noch war sie auf den Ruhrfestspielen in Recklinghausen inmitten ihrer Gruppe mit erstaunlicher Kraft gegenwärtig.
In einer Reihe von literarischen Arbeiten hat Mary Wigman ihre Gedanken und Bestrebungen auf tänzerischem Gebiet niedergelegt, so bspw. in ihrem 1963 erschienenen Erinnerungsbuch Die Sprache des Tanzes.
Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter das Große Bundesverdienstkreuz (1957), der Schillerpreis von Mannheim (1954) und der Tanzpreis des Verbandes der deutschen Kritiker (1961). 1955 wurde sie Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.
1973 starb Mary Wigman im Alter von 86 in Berlin.