Verbrechen und Strafe: Nikolai Zubkovskys „Goldenes Idol“

Auszug aus dem gleichnamigen Artikel  von Christina Ezrahi

Christina Ezrahi ist Historikerin und Autorin von Büchern über sowjetische Kulturpolitik und russisches Ballett: Dancing for Stalin: A Dancer’s Story of Courage and Survival in Soviet Russia und Swans of the Kremlin: Ballet and Power in Soviet Russia

Den vollständigen Artikel von Christina Ezrahi lesen Sie im Programmbuch zu La Bayadère, das ca. am 24.5.2023 erscheint und ab dann im Webshop erhältlich sein wird. 


[…] Zubkovsky gehörte zu den Tänzern, die mit dem Körper dachten und ihre Gedanken in komplexen und innovativen Kombinationen zum Ausdruck bringen wollten. In den wenigen Balletten, die mit ihm geschaffen wurden, hatte er oft seine eigenen Variationen choreographiert. 1948 erhielt er erneut eine Chance, die Langeweile und Beklemmung mit seiner eigenen Kreativität zu vertreiben. Die Wiederaufnahme eines vorrevolutionären Juwels des Kirov-Repertoires stand auf dem Spielplan: Marius Petipas Melodrama, La Bayadère, das älteste für das Mariinsky geschaffene Ballett des Meisters, das sich im Repertoire des Theaters gehalten hatte. […] Choreographisch war Zubkovsky nicht an einer ethnographischen Studie von indischen Tänzen interessiert. Die Aufgabenstellung, die Zubkovsky für sich definierte, war eine andere. Zum einen wollte er eine Variation schaffen, die stilistisch vollkommen in Petipas Werk und dessen Auffassung des indischen „Kolorits“ passen sollte. Zum anderen war Zubkovsky einer der führenden Repräsentanten der Tradition der Groteske des russischen und sowjetischen Balletttheaters, einer Tanzrichtung, die ihre Wurzeln in der italienischen Commedia dell’arte und der Faszination des modernistischen Theaters des frühen zwanzigsten Jahrhunderts mit Masken und Marionetten hatte. Auch seine eigene Persönlichkeit war von einer unterschwelligen Ironie und rebellischen Unbeugsamkeit geprägt. Zubkovskys machte sich an die Arbeit und lies keine Hindernisse gelten. Es gelang ihm sogar, wiederholte Verbote der Arbeitschutzstelle des Theaters zu überwinden: Zubkovsky hatte das Geheimnis der goldenen Körperfarbe in mühsamer Arbeit von Zirkuskünstlern in Leningrad gelernt, das ungewöhnliche „Kostüm“ missfiel aber anfänglich der Kommission für Arbeitsschutz. Laut Zeitgenossen symbolisierte Zubkovskys Goldenes Idol göttliche Allmacht und das verlorene Grundthema von Verbrechen und Strafe. Zubkovkys Idol warnt vor dem bevorstehenden Verbrechen (Nikijas Ermordung) und der folgenden Strafe (dem tödlichen Erdbeben).

Den vollständigen Artikel von Christina Ezrahi lesen Sie im Programmbuch zu La Bayadère.

LA BAYADÈRE

LA BAYADÈRE IN MÜNCHEN

Hintergründe zum Stück

 

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