Peter Grimes.Files

Wenn ein Gerichtsurteil zum Gerüchtsurteil wird, dann droht Unheil. So ergeht es Peter Grimes in der gleichnamigen Oper von Benjamin Britten, die am 06. März an der Bayerischen Staatsoper Premiere hat. Das Stück beginnt mit einer Anhörung: einem Verdacht wird nachgegangen, Zeugen werden vernommen, aber es kann dem Beschuldigten kein Fehlverhalten nachgewiesen werden. Doch der vermeintliche Freispruch ist eigentlich eine Drohung: „Das ist eine Sache, an die sich die Leute immer erinnern werden“, gibt der Untersuchungsrichter Peter Grimes auf den Weg. Was für eine Hypothek! Mit dieser Belastung hat er eigentlich keine Chance, seinen Ruf wiederherzustellen. Das will er nicht wahrhaben, und damit nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Das wirkliche Leben spielt ähnliche Geschichten auf großer und kleiner Bühne nach – oder vor. Oft genügt ein Vorwurf, eine Anzeige, eine Anklage, um das Leben eines Betroffenen für immer umzuwälzen. Gerade beim Thema sexueller Missbrauch, zumal noch von Minderjährigen, ist mit der gesetzlich garantierten Unschuldsvermutung kein Staat zu machen. Sebastian Edathy und Prinz Andrew sind dafür prominente Beispiele jüngerer Zeit. Auch Jörg Kachelmann wird den Vorwurf, den man ihm gemacht hat, trotz Freispruchs im Strafprozess und vieler gewonnener Zivilprozesse, nie mehr aus seiner Biografie entfernen können, obwohl ihm – anders als dem einfachen Fischer aus der Oper – hochbezahlte Anwälte und Medienberater zur Seite gestanden haben.

Unsere Grimes-Files werfen Schlaglichter darauf, was die Personen um den Titel-Antihelden herum von ihm denken und wie das sein Verhalten beeinflusst. Klar ist, dass sein Flehen um eine saubere Klärung des Falles ungehört bleibt:

„Ihr sagt: geht! und wascht Euch die Hände. Der Fall aber geht weiter in den Köpfen der Leute, und Anklagen, die kein Gericht erhob, werden mir ins Gesicht gesagt. Lasst mich sprechen, macht mir den Prozess, bringt die Ankläger in den Saal! Lasst mich ihnen den Mund stopfen mit der Wahrheit, der nackten Wahrheit.“

Fragen wir also herum: Was ist da los mit Peter Grimes?

AUDIOFEATURE

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Die Masse gegen den Einzelnen! Peter Grimes, ein im britischen Küstenort Aldeburgh festverwurzelter Fischer, wird verdächtigt, für den Tod seines Fischerlehrlings verantwortlich zu sein. Der richterliche Freispruch interessiert die Dorfgemeinschaft herzlich wenig, für sie stand bereits vor Prozessbeginn fest, dass der sonderbare Grimes schuldig ist. Und so entlädt sich der Hass. Rumor has it! Peter Grimes, die erste Oper von Benjamin Britten, 1945 uraufgeführt, seziert die Mechanismen, die greifen, wenn Menschen sich zu einem Kollektiv gegen ein einzelnes Individuum zusammenschließen. Es ist ein feinfühliger, mitunter verstörender Blick auf die Natur des Menschen – so unkontrollierbar und erbarmungslos wie die See selbst.

HOW TO OPER

How to Oper

Der Podcast für Neulinge und Neugierige

Sonne, Strand und Palme – die Seele baumeln lassen. Die Traumvorstellung, wenn man ans Meer denkt. In PETER GRIMES, der aktuellen Neuproduktion, verschlägt es uns an einen etwas weniger idyllischen Ort am Meer: ein kleines englisches Fischerdorf, in dem nicht alles so friedlich ist wie am türkiesen Strand der Tropen.
In der dritten Folge HOW TO OPER spricht Kathi Roeb gemeinsam mit dem Team der Neuproduktion von PETER GRIMES. Die Oper von Benjamin Britten feiert am 6. März 2022 Premiere in München.

The case goes on in people's minds. 
The charges that no court has made will be shouted at my head. 

Whoever's giulty gehts the rap. 

Let her among you without fault cast the first stone. 

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