Gabriele Schnaut

Gabriele Schnaut, geboren in Mannheim, studierte an der Frankfurter Musikhochschule. Ihr erstes Engagement erhielt sie 1976 an der Staatsoper Stuttgart. Bereits ein Jahr später debütierte sie bei den Bayreuther Festspielen in Patrice Chéreaus Der Ring des Nibelungen. Seitdem war sie bis zum Jahr 2000 als Solistin bei den Bayreuther Festspielen beschäftigt. Gastengagements führten sie u.a. nach New York City, San Francisco, Wien, London, Mailand, Amsterdam, Tokio, Hamburg, Berlin, Zürich, Paris und Chicago. Sie ist Bayerische Kammersängerin, Kammersängerin der Freien und Hansestadt Hamburg und Trägerin des Bayerischen Verdienstordens. Seit 2005 war sie als Professorin für Gesang an der Universität der Künste in Berlin tätig. Gabriele Schnaut starb nach kurzer, schwerer Krankheit am 19. Juni 2023.

Einen ausführlichen Nachruf finden Sie unten auf dieser Seite. 

 

Zum Tod von Gabriele Schnaut

Am 19. Juni 2023 starb Gabriele Schnaut, eine der bedeutenden hochdramatischen Sängerinnen unserer Zeit. Die Bayerische Staatsoper trauert um eine Künstlerin, die fast dreieinhalb Jahrzehnte lang in München die Oper geprägt hat und deren Warmherzigkeit alle Menschen umschloss, die guten Willens waren und mit ihr zu tun haben durften. Unser Mitgefühl gilt besonders ihrem Mann Walter Knirim und ihrer Familie. 

Die große Gabi Schnaut ist tot. Sie wurde 1951 in Mannheim geboren, wohin es sie als fertige Sängerin später wieder für einige Jahre hinzog. Vor der Gesangsausbildung gab es ein Intermezzo mit Violine und Musikwissenschaft am Mainzer Konservatorium, doch dann riefen unüberhörbar Stimme und Bühne: An der Frankfurter Musikhochschule nahm Elsa Cavelti sie unter ihre Fittiche, weitere Studien bei Aga Zeh-Landzettel in Darmstadt und bei Hanne-Lore Kuhse in Berlin ergänzten ihre Ausbildung.

Das erste Engagement führte sie 1976 an die Staatsoper Stuttgart, schon im Jahr darauf folgte das Debüt bei den Bayreuther Festspielen in Patrice Chéreaus Inszenierung vom Ring des Nibelungen. Seitdem war sie bis zum Jahr 2000 als Solistin bei den Bayreuther Festspielen beschäftigt: als Venus und als Ortrud, als Wellgunde und als Waltraute, als Zweite und als Dritte Norn und als Sieglinde. Das Staatstheater Darmstadt, das Nationaltheater Mannheim, die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf und die Hamburgische Staatsoper waren als Festengagements Fixpunkte einer Karriere, die parallel in die ganze Welt ausstrahlte: Einladungen erreichten sie aus Berlin, Wien, Zürich, Mailand, Paris, Amsterdam, London, New York, Chicago, San Francisco und Tokio.

Eine besonders enge Beziehung aber verband sie mit der Bayerischen Staatsoper. Seit ihrem Debüt 1982 als Marie in Wozzeck hat sie in annähernd 160 Vorstellungen auf der Bühne des Nationaltheaters gestanden. Unter den hochdramatischen Partien – Brünnhilden über Brünnhilden, Leonoren und Kundrys – tauchte gelegentlich auch ein Prinz Orlofsky in der Fledermaus auf, Indiz für den unverbrüchlichen Humor, den diese Sängerin überallhin mitbrachte, wo sie auftrat. Auch die Neugier aufs ganz Neue trieb sie um: Wie schon 1987 in Mannheim mit der Ophelia in der Uraufführung von Wolfgang Rihms Hamletmaschine wirkte sie auch in München an einer Uraufführung dieses Komponisten mit, als Die Frau in Das Gehege. In späteren Kapiteln ihrer Münchner Zeit kamen noch Küsterin (Jenůfa), Herodias (Salome) und Euphrat in Jörg Widmanns Babylon dazu. Am eindringlichsten in Erinnerung dürfte aber ihre Elektra bleiben: Die Inszenierung von Herbert Wernicke, seit der Premiere 1997 im Repertoire der Bayerischen Staatsoper, war ganz auf Gabriele Schnaut zugeschnitten; der Regisseur war mit der Sängerin seit einer Mannheimer Carmen-Produktion vertraut. Über ein Jahrzehnt lang war „die Schnaut“ in München und weit darüber hinaus ein Synonym für die Titelpartie dieser Oper, die sie allein in unserer Produktion nicht weniger als 34 Mal verkörpert hat. Und nach ihrem Fachwechsel war sie auch als Klytämnestra noch drei Mal in dieser Inszenierung zu erleben, zuletzt am 22. April 2016 – die Vorstellung wird nun als ihre letzte am Nationaltheater München in die Chronik eingehen.

An öffentlichen Ehrungen hat es nicht gemangelt, Titel wie Bayerische Kammersängerin, Kammersängerin der Freien und Hansestadt Hamburg und der Bayerische Verdienstorden wurden ihr angetragen. Wichtiger dürfte ihr gewesen sein, dass sie von 2005 an als Professorin für Gesang an der Universität der Künste in Berlin ihr Wissen und ihre Erfahrung an die junge Generation weitergeben konnte.

In Rottach-Egern am schönen oberbayerischen Tegernsee hatte sie sich unterdessen mit ihrem Mann ihre Heimat geschaffen. Noch am 19. Februar war sie beim jährlichen Ehemaligentreffen in der Bayerischen Staatsoper zugegen und hat sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen, den alten wie den jungen, ausgetauscht – fröhlich, direkt, herzlich wie stets. Kurz darauf wurde sie mit der Diagnose ihrer schweren Erkrankung konfrontiert. Frohgemut und zuversichtlich, wie es ihrem Naturell entsprach, hat sie auf Verlängerung der ärztlicherseits in Aussicht gestellten Frist gehofft. Doch kaum mehr als ein Vierteljahr ist ihr verblieben. Schweren Herzens nehmen wir Abschied von einer bewunderten Künstlerin, einer feinen Kollegin, einem geliebten Menschen.

Gabriele Schnauts Antlitz hängt, abgelichtet von Anton Corbijn, seit 2017 in der Porträtgalerie des Nationaltheaters, im zweiten Rang links. Ihre Stimme mag nun für die Welt verstummt sein, in unseren Herzen klingt sie weiter.

Malte Krasting

„ELEKTRA IST MEINE IDENTIFIKATIONSROLLE“

In diesem Beitrag beantwortete Gabriele Schnaut einige Fragen rund um das Leben auf und neben der Bühne. Außerdem wartet hier eine Kostprobe ihrer Interpretation der Elektra auf Sie - aus dem originalen Premierenmitschnitt von 1997!