Von lyrisch-dramatischen Szenen zum musikalischen Volksdrama

Krieg und Frieden im kulturhistorischen Kontext


Text: Dorothea Redepenning

Dorothea Redepenning war – nach akademischen Stationen in Hamburg, Detmold, Marburg und Erlangen – von 1997 bis zu ihrer Emeritierung 2020 Professorin für Musikwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sie ist vielfach ausgewiesen durch ihre Forschung auf dem Gebiet osteuropäischer Musik; zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen im Besonderen die Musik Russlands, der Sowjetunion und der postsowjetischen Zeit, die Musik des 19. und 20. Jahrhunderts, die Geschichte der Symphonie und der Oper, Musik und Politik, Franz Liszt und Dmitri Schostakowitsch. Ihr zweibändige Geschichte der russischen und sowjetischen Musik ist das wissenschaftliche Standardwerk zu diesem Thema. In der Reihe C. H. Beck Wissen erschien 2016 die Biografie Peter Tschaikowsky.


 

Die Oper Krieg und Frieden durchlief einen außergewöhnlich langen Arbeitsprozess. Das ist zum einen der komplexen Vorlage geschuldet, Lew Tolstois gleichnamigem Roman; zum anderen ist die Entstehung der Oper auf das Engste mit der politischen Gegenwart der Kriegs- und frühen Nachkriegsjahre verknüpft, die nach dem Sieg über Hitlerdeutschland in der Sowjetunion von einem überbordenden stalinistischen Patriotismus geprägt waren. Zugleich fallen in die Jahre 1946 und 1948 eine Reihe von kulturpolitischen Erlassen, die die sowjetischen Künste wieder auf die Kulturdoktrin des Sozialistischen Realismus einschwören sollten und denen Sergej Prokofjew im Besonderen zum Opfer fiel. All das führte dazu, dass sich die Konzeption der Oper immer wieder veränderte und dass die letzte Fassung, die in die Ausgabe von Prokofjews Gesammelten Werken einging, mögliche Varianten der Gestalt dieser Oper bewahrte. In der Praxis bedeutet das, dass bei jeder neuen Inszenierung eine eigene Lösung gefunden werden muss. Man kann darin einen Mangel erblicken, weil der Komponist als Autorität zurücktritt, oder aber eine Chance, denn ein offenes Werk (um ein Wort von Umberto Eco zu gebrauchen) bietet unterschiedliche Zugriffe und gestattet es, das Werk von seiner stalinistischen Überformung zu befreien, ohne es dabei zu verfremden.

 

I. Eine erste Fassung

Am 22. Juni 1941 überfiel die Wehrmacht die Sowjetunion. Damit brach Hitler den Nichtangriffspakt, den er und Stalin geschlossen und den ihre Außenminister, Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Molotow, am 24. August 1939 unterzeichnet hatten. Die militärische Mobilmachung begann umgehend, auch die Künstler reagierten sofort. Schriftsteller, Maler, Kinoregisseure, Plakatkünstler, Komponisten, sie alle engagierten sich an der „Kulturfront“, wie man es damals ausdrückte. Dmitri Schostakowitschs siebte Symphonie wurde gleich 1941 ein klingendes Emblem und ein internationales Symbol des Widerstands gegen Hitler. In einer Rundfunkansprache vom 3. Juli 1941 prägte Stalin in Erinnerung an den „Vaterländischen Krieg“ gegen Napoleon den Begriff „Großer Vaterländischer Krieg“, der bis heute in Russland gebräuchlich ist.

Sergej Prokofjew war 1936 endgültig in die UdSSR übergesiedelt und hatte mit Alexander Newski (1939), seiner ersten Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur Sergej Eisenstein, dem neuen sowjetischen Patriotismus eindrucksvoll musikalische Gestalt verliehen. Bei Kriegsbeginn unterbrach er umgehend die Arbeit an dem Ballett Aschenbrödel, die er 1940 begonnen hatte, und wandte sich kriegsbezogenen Werken zu, darunter die Symphonische Suite Das Jahr 1941 und „Sieben Massenlieder“, die Ballade vom unbekannten Knaben (1942/43) und später eine opulente Ode auf das Ende des Krieges (1945). Die sechste, siebte und achte Klaviersonate, die während der Kriegsjahre entstanden, wurden von vornherein als nachdenkliche und ermutigende Kommentare verstanden. Die fünfte Symphonie (1944) ging, wie der Komponist Krzysztof Meyer sagte, „in die Liste der herausragendsten Werke ein, die thematisch mit der Tragödie des Zweiten Weltkriegs verbunden sind“.

Im Sommer 1941 wurden Prokofjew und seine Familie zusammen mit anderen Künstlerfamilien in den Nordkaukasus evakuiert. Im Herbst siedelten die Prokofjews nach Tiflis über. Das Opernprojekt Krieg und Frieden,sein Opus magnum, nicht nur unter den Werken zum Krieg, sondern insgesamt in seinem Schaffen, hatte Prokofjew noch vor der Evakuierung in Angriff genommen. Tolstois 1868/69 erschienener Roman, ein Höhepunkt der Weltliteratur, ist eine Epopöe, deren Handlung sich auf die Zeit von 1805 bis 1812 erstreckt, von den Napoleonischen Kriegen bis zu Napoleons Scheitern in Russland. Zeitgeschichte und private Schicksale sind eng miteinander verflochten, indem am Beispiel dreier großer Familien und ihrer Beziehungen zueinander herausgearbeitet wird, wie der Krieg das Leben aller verändert und gute wie schlechte Charaktereigenschaften schärfer hervortreten lässt.

Das sind der verarmte Graf Rostow und seine Tochter Natascha, der zum alten russischen Adel gehörende Fürst Bolkonski, der die Verlobung zwischen seinem verwitweten Sohn Andrej und Natascha Rostowa vereitelt, und der Petersburger Höfling Fürst Kuragin, dessen leichtfertige Tochter Hélène mit Pierre Besuchow, dem illegitimen Sohn und Erben des steinreichen Grafen Besuchow, verheiratet ist, während sein Sohn Anatol, wiewohl verheiratet, Natascha umschwärmt und entführen will. Diese Personen und ihre weitverzweigten Familienbande, ihre Pläne und ihre Intrigen werden verquickt mit einfachen Leuten, die sich unter den Kriegsbedingungen heroisch bewähren. Historische Figuren treten auf wie Zar Alexander I. und Michail Kutusow, Generalfeldmarschall und Napoleons Gegner, den Tolstoi als bescheidenen Mann und wahren Helden darstellt. Hinzu kommen Kriegsszenen wie die Schlachten bei Austerlitz (1805), bei Hollabrunn und Schöngrabern (1806) und bei Borodino (1812), Beschreibungen von Partisanenkrieg, Lagebesprechungen, Truppenschauen. Andrej Bolkonski, in jungen Jahren Napoleon-Bewunderer, dann Frontsoldat und glühender Patriot in der Schlacht von Borodino, trifft, selbst schwer verletzt, seinen Rivalen Anatol Kuragin wieder, der ein Bein verloren hat, und vergibt ihm, dass er einst versuchte, Natascha zu entführen. Natascha, zu Beginn lebhaft, jugendlich, gefühlvoll, charmant, pflegt den sterbenden Andrej, ihre große Liebe, und heiratet am Ende Besuchow, mit dem sie eine glückliche, unpoetische und kinderreiche Ehe führt.

Aus diesem Roman eine Oper zu machen, ist ein kühnes Unterfangen. Prokofjew entschied sich, die beiden Hauptstränge, „Frieden“ und „Krieg“, ins Zentrum zu stellen, die Hauptpersonen bzw. zentrale Ereignisse quasi kaleidoskopartig in einzelnen Bildern nachzuzeichnen. Das Libretto verfasste er gemeinsam mit Mira Mendelson, einer jungen Schriftstellerin, mit der er 1941 ein Verhältnis begann. Für die Dialoge verwendeten sie Tolstois originalen Wortlaut. Dieses Vorgehen geht auf die russische Tradition zurück, hochwertige Literatur direkt, gegebenenfalls ohne zwischengeschaltetes Libretto zu vertonen. Die sogenannte Petersburger Schule begann damit, Alexander Puschkins „Kleine Tragödien“ als Operntexte zu vertonen. Pjotr Tschaikowski nahm für Jewgeni Onegin Puschkins unveränderte Worte, ebenso verfuhr Modest Mussorgski in Boris Godunow mit Puschkins Drama und Prokofjew selbst mit Fjodor Dostojewskis Roman in seiner Oper Der Spieler. Das Libretto von Krieg und Frieden folgt dieser Tradition, indem der Text eine Kompilation aus Tolstois Worten darstellt. Für Volksszenen und die Darstellung volkstümlicher Charaktere wurden Quellen aus der Zeit verwendet. Im April 1942 war die Oper skizziert, ein Jahr später, am 13. April 1943, schloss Prokofjew die Instrumentierung ab.

Aus diesem Roman eine Oper zu machen, ist ein kühnes Unterfangen.

II. Kritik und Überarbeitungen

Bereits während der Ausarbeitung stand Prokofjew mit dem Komitee für Kunstangelegenheiten in Kontakt, einem 1935 gegründeten staatlichen Organ, das an der Schnittstelle zwischen Regierung und Künstlern stand. Es erteilte Aufträge, auch den für die Oper Krieg und Frieden, gab Empfehlungen in ästhetischen Fragen, war für Honorare zuständig und fungierte als Dachinstitution für Kunst- und Musikverlage. Die Leitung hatte damals Michail Chraptschenko inne, ein ausgewiesener Literaturwissenschaftler und späterer Präsident der Internationalen Assoziation der Lehrer der russischen Sprache und Literatur. Als Chef dieses Komitees war Chraptschenko zugleich Mitglied in dem Gremium zur Vergabe der Stalin-Preise. Als Musikfachmann stand ihm Semjon Schlifstein zur Seite, der spätere Herausgeber von Prokofjews Schriften und Briefen sowie seines Werkverzeichnisses. Diese beiden reisten im Februar 1942 in Sachen Stalin-Preis nach Tiflis und trafen sich bei der Gelegenheit mit Prokofjew, der ihnen die bereits fertigen Teile der Oper zeigte. Noch vor der Begegnung hatte Prokofjew Chraptschenko per Telegramm vom 1. Dezember 1941 mitgeteilt, dass die ersten beiden Akte vollendet seien, und um eine Anzahlung von 3000 Rubeln gebeten, die Chraptschenko ihm wenig später bestätigte.

 

Großzügige Zahlungen und auch die hochdotierten Stalin-Preise sollte man mitbedenken, wenn man die massive Einmischung des Komitees für Kunstangelegenheiten in die Ausgestaltung von Krieg und Frieden beurteilen will. Prokofjew ist mit sechs Stalin-Preisen der am häufigsten ausgezeichnete Komponist (1943 für die siebte Klaviersonate und 1951 für die vokal-symphonische Suite Lagerfeuer sowie das Oratorium Auf Friedenswacht jeweils „zweiter Klasse“, 1946 für die fünfte Symphonie und die achte Klaviersonate, 1946 für die Musik zum ersten Teil des Films Iwan der Schreckliche sowie für das Ballett Aschenbrödel und 1947 für die Sonate für Violine und Klavier jeweils „erster Klasse“). Das Preisgeld, in der ersten Klasse 100.000, in der zweiten Klasse 50.000 Rubel, überstieg das Jahreseinkommen eines durchschnittlichen Sowjetbürgers (damals rund 1.500 Rubel) um mehr als das, was er im ganzen Leben verdiente.

Prokofjews Korrespondenz mit dem Komitee für Kunstangelegenheiten zeigt, wieviel Macht diese Institution besaß.

Am 4. April 1942 informierte Prokofjew Chraptschenko über die Vollendung der Oper. Er werde nun mit der Instrumentierung beginnen, die etwa drei Monate in Anspruch nehmen werde. Zugleich schickte er den Klavierauszug mit der Bitte, ihn, nachdem Schlifstein ihn dem Komitee vorgestellt habe, ans Maly Theater (Kleine Theater) in Leningrad zur Einstudierung weiterzuleiten. Chraptschenko hatte Prokofjew offenbar wissen lassen, dass die Volksszenen verbessert werden müssen: Am 10. Mai telegrafierte Prokofjew ihm, er werde diese Szenen, falls nötig, überarbeiten, und bat um umgehende Antwort, weil er wegen der bevorstehenden Aufführung besorgt sei. Unter demselben Datum informierte Schlifstein Prokofjew über notwendige Änderungen. Nach einem ausführlichen Lob der Darstellung der inneren Welt der Charaktere, insbesondere Natascha und Andrej, die von großer lyrischer Ausdruckskraft sei, folgte eine grundsätzliche, vier Druckseiten umfassende Kritik, die immer wieder auf Chraptschenko Bezug nimmt. Der zweite Teil werfe insgesamt ernste Zweifel auf. Insbesondere sei das Volk edler und patriotischer darzustellen. Umgangssprachlicher Tonfall sei gering dosiert willkommen, dürfe aber nicht grob-volkstümlich werden. Dass die Moskauer ihrer Stadt selbst niederbrennen, sei als ungeheuerlicher und heroischer Akt darzustellen. Dazu verwies Schlifstein auf die Napoleon-Biographie des Historikers Jewgeni Tarle, die Prokofjew und Mendelson als Quelle benutzt hatten. Das Publikum der Gegenwart müsse in den damaligen Kriegshelden, in Denissow, dem Anführer der Volkswehr, in Wassilissa, der Dorfältesten, und in Kutusow die Kriegshelden und Partisanen des aktuellen „Großen Vaterländischen Krieges“ wiedererkennen.

Sechs Wochen später, am 19. Juni 1942, schickte Chraptschenko selbst ein Feedback an Prokofjew, der sich inzwischen auf Einladung von Eisenstein für die Arbeit an dem Film Iwan der Schreckliche in Alma-Ata aufhielt. Chraptschenko sprach, seine Kollegen einbeziehend, im Plural und brachte Schlifsteins Kritik auf eine allgemeinere Ebene. Die Hauptsache seien Kutusow und das Volk, danach seien Libretto und Musik auszurichten. Chraptschenko schwebte eine Art „Musikalisches Volksdrama“ vor, das die Gefühle und die „edle Gesinnung“ des Volkes herausstellen müsse. „Intime Szenen“ seien da nicht am Platz.

Prokofjew muss verärgert und zutiefst gekränkt gewesen sein, vor allem darüber, dass man ihn so lange hatte warten lassen. Seine Antwort ist nicht erhalten. Schlifstein reagierte am 24. Juni 1942 und gestand, dass er seinen Brief „mit dem Gefühl großer innerer Scham“ gelesen habe. Zugleich versicherte er, dass seine kritischen Anmerkungen aus Hochachtung vor Prokofjews Kunst erfolgt seien. Schließlich aber fügte Prokofjew sich und unterzog den zweiten Teil der Oper einer grundlegenden Umarbeitung.

Während des Sommers hielt Schlifstein weiter Kontakt und ermutigte Prokofjew. Im September war Alexander Solodownikow, der stellvertretende Vorsitzende des Komitees, in Alma-Ata. Prokofjew erläuterte ihm die Änderungen, und er habe das neue Konzept gutgeheißen. Am 1. November 1942, ein halbes Jahr nach der vernichtenden Kritik, teilte Prokofjew Schlifstein die Vollendung mit. Er verwies noch einmal auf Solodownikows Billigung, auch mit Eisenstein habe er sich beraten. Die Hauptidee der Änderungen sei „der Ausschluss von Alltagsszenen und ihr Ersatz durch dramatische und patriotische Episoden, was offenbar gelungen ist – jedenfalls läuft der ‚kriegerische‘ Teil der Oper jetzt mit viel größerer Spannung“. Zu schreiben sei noch eine Choreinleitung, die als Epigraph der ganzen Oper dienen werde. Im selben Brief erklärte Prokofjew, dass der von Korrekturen übersäte Klavierauszug ins Reine geschrieben und die Partitur nach der von ihm entwickelten Kurzschrift ausgesetzt werden müsse. Dafür möge das Komitee das nötige Geld (2000 und 4000 Rubel) bereitstellen und ihm weitere 3000 Rubel als Honorar überweisen.

Mit der Umarbeitung war das ursprüngliche Konzept auf den Kopf gestellt. Aus „Lyrisch-dramatischen Szenen“ – so der Untertitel der ersten Fassung – wurde ein „musikalisches Volksdrama“, in Chraptschenkos Formulierung. Mit dem Stichwort „lyrisch“ ist eine Assoziation zu Tschaikowski gegeben, der seinen Jewgeni Onegin als „lyrische Kammeroper“ bezeichnete. „Musikalisches Volksdrama“ ist der Untertitel zu Mussorgskis Boris Godunow. Das sind konträre Konzeptionen – die innere Welt, die Gefühle konkreter Personen, in Innenräumen spielend und gleichsam gezeichnet mit feinen Strichen, versus Massenszenen mit Chören in großen Tableaus und weiten Landschaften, gezeichnet gleichsam im Al-fresco-Stil. Zugleich wurde Kutusow als überragende Figur ausgebaut.

Prokofjews Korrespondenz mit dem Komitee für Kunstangelegenheiten zeigt zum einen, wieviel Macht diese Institution besaß, denn seine Aufgabe war es, den Standpunkt der Partei zu vertreten, die in Kunstangelegenheiten grundsätzlich das letzte Wort beanspruchte. Zum andern aber boten Schilfstein und Chraptschenko tatsächlich Unterstützung, denn sie waren es, die Kontakte zu Theatern und Verlagen herstellten, sie waren das Verbindungsglied zum Zentrum der Macht, im Zweifelsfall standen sie auf der Seite der Künstler. Deshalb ist der Ton der Korrespondenz stets freundlich, im Lauf der Zeit sogar herzlich.

III. Der Erlass zur Musik und die Folgen

Inzwischen war die Premiere für 1943 am Bolschoi-Theater in Moskau unter Leitung des Chefdirigenten Samuil Samossud anberaumt, der mit dem Notentext bereits vertraut war. Da Samossud 1943 abgesetzt wurde, zerschlug sich auch die Uraufführung. Am 16. Oktober 1944 erfolgte in Moskau eine konzertante Aufführung mit Klavier, am 7., 9. und 22. Juni 1945 erklang die Oper im Großen Saal des Moskauer Konservatoriums ebenfalls konzertant mit dem Staatsorchester der UdSSR unter Samossud. In dieser überarbeiteten Version hat die Oper elf Bilder und das erwähnte Epigraph. Die konzertanten Aufführungen hatten größere Theater nicht überzeugt; Samossud aber, inzwischen in Leningrad tätig, wollte die Oper unbedingt bringen und inspirierte Prokofjew zu weiteren Ergänzungen, dem Walzer in der Ball-Szene im ersten Teil und dem Kriegsrat in Fili im zweiten Teil. Damit wurde die Teilung der Oper auf zwei Abende notwendig. Die szenische Uraufführung des ersten Teils („Frieden“) dirigierte Samossud am 12. Juni 1946 in Leningrad. Die szenische Uraufführung des zweiten Teils („Krieg“) wurde auf den 4. Dezember 1948 vertagt und fand im Rahmen einer geschlossenen Vorstellung ebenfalls in Leningrad statt.

Nach Kriegsende sorgte die stalinistische Kulturpolitik unter Leitung des Chefideologen für Kulturfragen Andrej Schdanow dafür, die Künste wieder auf die ästhetische Maxime des Sozialistischen Realismus zurückzuführen und dem „Formalismus“ abzuschwören, in den sie wegen der laschen Kontrolle während des Krieges abgeglitten waren. Nun ist Sozialistischer Realismus ein durchaus schwammiger Begriff, den Schdanow selbst 1934 beim ersten Schriftstellerkongress als „eine Romantik von neuem Typus, eine revolutionäre Romantik“ gekennzeichnet und damit die Grundlage für eine eklektische Ästhetik geschaffen hatte. Aus „Formalismus“, ursprünglich einer russischen literaturwissenschaftlichen Methode, aus der der Strukturalismus hervorging, wurde ein beliebiges Schimpfwort zur Verunglimpfung von Künstlern und ihren Werken. 1946 brachte die KPdSU unter Schdanows Ägide drei Erlasse heraus. Der erste galt der Literatur, der die auch im Westen prominenten Schriftsteller Michail Soschtschenko und Anna Achmatowa wegen ihrer „formalistischen Verirrungen“ attackierte. Der zweite richtete sich an die Theater und ihre Dramaturgen, die während des Krieges populäre westliche Stücke auf die Bühnen gebracht hatten. Der dritte betraf das Kino und griff an erster Stelle Sergej Eisenstein und den zweiten Teil seines Films Iwan der Schreckliche an, während der erste Teil noch mit einem Stalin-Preis ausgezeichnet worden war. Prokofjew, der die Musik zu beiden Teilen geschrieben hatte, blieb davon unberührt.

Am 10. Februar 1948 folgte, quasi als Nachzügler, ein Erlass zur Musik, betitelt Über die Oper „Die große Freundschaft“ von W. Muradeli. Diese Oper handelt von der Einkehr der Kaukasusvölker in die Sowjetunion und war entsprechend hoch gelobt, auf vielen Bühnen des Landes gezeigt und als Musterwerk zur Feier des 30. Jahrestages der Oktoberrevolution auserkoren worden. Stalin besuchte eine Vorstellung, kritisierte die Darstellung der Geschichte und die Musik. Also arbeitete Schdanow den Text für den Erlass aus. Wano Muradelis Name steht zwar im Titel, der Erlass richtet sich aber gegen die Komponisten, die auch im Westen bekannt waren, an erster Stelle gegen Schostakowitsch, Prokofjew und Chatschaturjan. Er richtete sich auch gegen Intuitionen wie das Komitee für Kunstangelegenheiten, dessen Chef Chraptschenko abgesetzt wurde, weil er „aus Inkompetenz Muradelis misslungene Oper für wertvoll gehalten und so in unverantwortlicher Weise für luxuriöse Inszenierungen Staatsgelder verschleudert“ habe. Ebenso wurden die Konservatorien attackiert, besonders das Moskauer, das zur Nachahmung von Schostakowitsch und Prokofjew, also zum Formalismus erziehe. Die gemaßregelten Komponisten verloren ihre Posten und bereuten ihre Fehler in Statements, die in der Presse erschienen. Öffentliche Ächtung und berufliche Degradierung bedeuteten aber nicht zwingend die existenzielle Vernichtung der betroffenen Personen.

Prokofjew nahm an den Diskussionen nicht persönlich teil: Er hatte sich krankgemeldet und einen langen Brief geschickt, der bei der Aussprache am 17. Februar 1948 verlesen wurde. Er befolgt darin die standardisierte Rhetorik mit Dank an die Partei für die klaren Richtlinien des Beschlusses und mit den üblichen Selbstbezichtigungen. Unter dem Einfluss westlicher Strömungen habe er sich des Formalismus und der Atonalität schuldig gemacht, diese Tendenzen aber in Werken wie Romeo und Julia, Alexander Newski, der Kantate Trinkspruch (zu Stalins 60. Geburtstag) und der fünften Symphonie, so hoffe er, erfolgreich überwunden. Davon werde seine neue Oper, die Geschichte vom wahren Menschen, Zeugnis ablegen.

Drei Tage später, am 20. Februar 1948, wurde Prokofjews erste Frau, Lina Prokofjewa, eine gebürtige Spanierin, verhaftet, der Spionage und des Landesverrats angeklagt und zu zwanzig Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilt. Prokofjew und Mira Mendelson hatten am 13. Januar 1948 geheiratet, nachdem er geklärt hatte, dass eine im Ausland geschlossene Ehe, die nicht in der Sowjetunion registriert wurde, nach sowjetischen Recht nicht gültig sei, er also ohne vorherige Scheidung heiraten könne. Durch seine Söhne erfuhr er von der Verhaftung ihrer Mutter. Ob ein Zusammenhang besteht zwischen Prokofjews öffentlicher Verunglimpfung, seiner Heirat mit Mira Mendelson und der Verhaftung einer ersten Frau, lässt sich nicht sagen. Auch geht es nicht darum, ihm vorzuwerfen, er habe durch die neue Eheschließung die Verhaftung seiner ersten Frau riskiert. Wiewohl privilegiert und hoch dekoriert, muss er von da an unter ungeheurem psychischen Druck gestanden haben. Lina Prokofjewa hat acht Jahre in Straflagern verbracht, 1956 wurde sie „wegen Einstellung des Verfahrens“ entlassen. Sie starb, 91-jährig, am 3. Januar 1989 in London.

Die Oper wurde einhellig als „formalistisch“ abgelehnt. Das muss für Prokofjew ein furchtbarer Schlag gewesen sein, der auch seine Gesundheit ruinierte.

Dessen ungeachtet vollendete Prokofjew seine neue Oper, denn das Sujet, Boris Polewois stalinpreisgekrönte Kriegserzählung vom Flieger Alexej Meresjew, der bei einem Abschuss beide Beine verliert und dennoch heldenhaft wieder in den Kampf zieht, versprach Rehabilitation. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich, mit welcher Sorgfalt Prokofjew die sozialistisch-realistischen Vorgaben beachtet hat. Der Held ist von vornherein eingebettet in das Volk, das durch Vertreter verschiedener Gruppen breit vertreten ist, und es gibt eine eingängige Hauptmelodie, einen Ohrwurm, der dieses enge Band und den Helden als einen aus dem Volk charakterisiert. Die Oper wurde am 3. Dezember 1948 in einer geschlossenen Vorstellung im Kirow-Theater in Leningrad gezeigt – und einhellig als „formalistisch“ abgelehnt. Das muss für Prokofjew ein furchtbarer Schlag gewesen sein, der auch seine Gesundheit ruinierte. Damit war auch das Schicksal von Krieg und Frieden, dessen zweiter Teil einen Tag später gezeigt worden war, besiegelt. Prokofjew hat keine weitere Aufführung dieser Oper erlebt. Er starb, nur 61 Jahre alt, am 5. März 1953, am selben Tag wie Stalin.

IV. Dramaturgie und Musik

In der überarbeiteten Fassung ist Krieg und Frieden tatsächlich ein Opus magnum, das den Stempel der patriotisch überspannten Zeit der Kriegs- und frühen Nachkriegsjahre trägt. Die Personenliste hat 72 Einträge, davon sechs stumme Rollen, zwei Sprechrollen, Chor und Ballett. Das Epigraph, das nach letzter Entscheidung auch vor das 8. Bild, also den zweiten Teil, gestellt werden kann, geht auf die Kriegsaufzeichnungen des Denis Dawydow zurück, eines Poeten und Offiziers, der den Partisanenkampf gegen Napoleon organisierte. Diese Aufzeichnungen wurden 1940 neu herausgegeben. Der erste Satz stammt aus Tolstois Roman, dem Beginn der Darstellung de Vaterländischen Krieges. Das Epigraph ist „Andante dramatico“ im vollen Orchestertutti und dreifachen Forte mit akkordisch deklamierendem Chor vorzutragen und dient – einleitend – als Klammer der ganzen Oper bzw. vor dem 8. Bild als Rahmen für den Kriegsteil.

Das 1. Bild blieb ungeachtet des Einwands von Chraptschenko die intime Szene, in der sich Andrej als einfühlsamer, nachdenklicher Mann präsentiert. Der Text zu Nataschas und Lisas Duett basiert auf Gedichten von Wassili Schukowski, einem Meister empfindsam-sentimentaler Lyrik. Damit führen Prokofjew und Mendelson in die Zeit vor Napoleons Einmarsch zurück und appellieren auch an die idyllisch-wehmütige Atmosphäre des Duetts von Tatjana und Olga im ersten Bild von Tschaikowskis Jewgeni Onegin.

Der Ball (2. Bild) bietet nicht nur Zeitkolorit, sondern erfüllt wichtige dramaturgische Funktionen, denn hier werden alle wichtigen Figuren eingeführt, auch Zar Alexander I. als stummer Tänzer, während der Chor im Hintergrund in volkstümlichem Stil Begrüßungsformeln (aus Konstantin Batjuschkows Glücklicher Stunde und Michail Lomonossows Ode zur Thronbesteigung der Kaiserin Elisaweta Petrowna) vorträgt. Außerdem verbindet der elegante Walzer Natascha und Andrej als Liebende im gemeinsamen Tanz. Im 12. Bild, wenn sie den tödlich verletzten Andrej pflegt, erklingt die Walzermusik als Erinnerung an vergangenes und unerfüllbares Glück.

Die folgenden Bilder (Nr. 3 bis Nr. 7) charakterisieren die Hauptfiguren, wobei Natascha als Liebende mit einem charakteristischen chromatisch kreisenden Motiv verbunden wird, das sie durch die Oper begleitet, wann immer sie an Andrej denkt. Ebenso sind Andrej und Pierre als ernste Personen mit ausdrucksvollen melodischen Linien gekennzeichnet, während die Partien des übrigen Adels, insbesondere des alten Fürsts Bolkonski, aber auch der Dienerschaft durch schlichten Parlando-Stil, gelegentlich mit durchaus ironischen Akzenten versehen werden. Das gilt insbesondere für das 6. Bild, die Szene nach der missglückten Entführung Nataschas, in der die Moskauer Dame Achrossimowa Pierre über das Geschehene in rhythmisch notiertem Sprechgesang informiert, aber auch im stark reduzierten Gesang, mit dem Pierre Natascha darüber aufklärt, dass ihr Entführer, mit dem sie fliehen wollte, längst verheiratet ist. Am Ende des 7. Bildes erscheint Denissow in Pierres Haus und berichtet, dass Napoleon die Grenze nach Russland überschritten hat.

Da dem Libretto fast durchweg Prosatext zugrunde liegt, entspricht das Vortragstempo dem natürlichen Sprechtempo, es gibt keine Textwiederholungen. Die musikalische Gestaltung bleibt eng am Text und den darin ausgedrückten Besonderheiten und Stimmungen der jeweiligen Person. Das hat permanente Tempowechsel und eine sehr variable Instrumentation zur Folge, wobei einzelne ariose Abschnitte – namentlich Natascha, Andrej und Pierre – hervortreten.

Der von patriotischen Formeln überwucherte Text, der im dreifachen Ruhmeswunsch gipfelt, ist in Tonfall und Stil zeitgenössischen Huldigungen nachgebildet. Wenn man den Namen Kutusow durch Stalin ersetzt, ist man in der Gegenwart von 1945 angekommen.

Der umfangreichere zweite Teil folgt den gleichen Stilprinzipien, ist aber deutlich anders gestaltet, denn hier stehen Chorszenen im Vordergrund. Das 8. Bild, „vor der Schlacht bei Borodino“, beginnt mit wuchtigen Tuttiklängen. Die Vortragsbezeichnung „Moderato dramatico“ weist auf das Epigraph zurück. Während Milizen und Bauern Schützengräben ausheben, entspinnt sich unter durchlaufenden Trommelschlägen (Schüssen) ein wortkarger Dialog, der sich – während Denissow und Andrej einander im Sprechgesang begrüßen – zu einer großen Chorszene entwickelt. Den Dialog der einfachen Leute kennzeichnet eine gleichsam bereinigte Umgangssprache, während der stets anwachsende Chor auf Versen im volkstümlichen Stil beruht. Modell für diese Gestaltung ist der Prolog in Mussorgskis Boris Godunow. Höhepunkt der Szene ist Kutusows Arie „Unvergleichliches Volk“, deren Text von Tolstoi selbst stammt und die das Pathos ausstrahlt, das Chraptschenko und Schlifstein sich gewünscht hatten. Gerahmt wird diese Arie von Chören der Soldaten und Milizen, die Kutusow rühmen, gemeinsam zum Szenenschluss mit den Worten „Ziehen wir, Brüder, in den tödlichen Kampf. Kutusow führt uns, der leibliche Vater führt uns … Brüder, alle ihm nach, für das heilige Russland kämpfen wir“, wobei die „Brüder“ volkstümlich im Diminutiv angesprochen werden und für „Russland“ das buchsprachlich alte Wort „Rus“ erscheint. (Dieser Text stammt nicht von Tolstoi.)

Das 9. Bild zeigt Napoleons Lager, durchaus mit grotesker Überzeichnung. Seiner Ahnung, dass er in dieser Schlacht unterlegen sein wird, liegen Tolstois Worte zugrunde.

Das 10. Bild, der Kriegsrat in Fili, endet mit Kutusows Entscheidung, Moskau fallen zu lassen, um insgesamt zu siegen.

Das 11. Bild, „Straße in Moskau“, ist wie das 8. Bild eine große Genreszene, die einerseits die französischen Soldaten, andererseits die Moskauer zeigt, die ihre Stadt in Flammen setzen. Hinzu kommen einzelne Personen wie Pierre, der in französische Gefangenschaft gerät, aber später wieder freikommt. Die Ungeheuerlichkeit, überall in Moskau Feuer zu legen, wird in erregten Dialogen und zwei großen Chorsätzen dargestellt. Der eine mit dem Refrain „Vor dem Feind wird sich Moskau nicht verneigen“ wird später noch einmal wiederholt und dient als Rahmen. Der andere erklingt gegen Ende. Er beginnt als Gebet, „Herr, vergib uns Sündern“, und beschwört dann, wiederum mit folkloristischer Sprache – „unsere weißsteinige Mutter“ –, die Standhaftigkeit der heruntergebrannten Stadt: „Und in diesem Feuer wird der Feind selbst verbrennen, den schwarzen Tod wird er in Moskau finden. In Moskau kann der Feind nicht leben.“ Dieser Chor greift mit der Vortragsbezeichnung „Moderato dramatico“ und in der musikalischen Substanz auf den Beginn des 8. Bildes zurück, er ist gleichsam die textierte Version jenes wuchtigen Orchestertuttis. Damit spannt sich ein Bogen vom Beginn der Schlacht bis zur Niederbrennung Moskaus.

Charakteristisch für das 12. Bild, das den sterbenden Andrej mit Natascha zeigt, sind unsichtbare Stimmen, die die Silben „piti, piti“, auf gleichbleibendem Ton wiederholen. Zwei Violinen spielen denselben Ton auf dem Steg, die Violoncelli als Flageolett. Das ergibt eine bizarre Klangfarbe, die zusammen mit der sinnfreien Silbenwiederholung für Andrejs beginnendes Delirium steht. Schlifstein hatte zu bedenken gegeben, dass das albern wirken könnte – Prokofjew hat es beibehalten.

Das Schlussbild beginnt, „tempestoso“ (stürmisch) vorzutragen, als lärmender Orchestersatz, der wie ein Refrain wiederkehrt und dem gesamten Bild damit den Charakter einer Apotheose verleiht. Man sieht die abziehenden Franzosen mit russischen Gefangenen, unter ihren Pierre, die von Partisanen befreit werden. Wie im 8. Bild gibt es umgangssprachliche, durchaus auch grobe und folkloristische Wendungen in den Chören der Befreiten, der Partisanen, schließlich des ganzen Volks. Kutusows Dank und die anschließenden Hurras, beides aus Tolstois Roman, leiten über in den großen Schlusschor. Der von patriotischen Formeln überwucherte Text, der im dreifachen Ruhmeswunsch gipfelt („Ruhm der Heimat, der heiligen Heimat, Ruhm der heimatlichen Armee, Ruhm dem Feldmarschall Kutusow. Hurra!“), ist in Tonfall und Stil zeitgenössischen Huldigungen nachgebildet. Wenn man den Namen Kutusow durch Stalin ersetzt, ist man in der Gegenwart von 1945 angekommen. Die Melodie des Chores ist jene, mit der Kutusow das „unvergleichliche Volk“ rühmt. So wird auch hier die Formel „einer für alle und alle für einen“ erfüllt.

V. Was hat Prokofjew uns hinterlassen?

Das Leningrader Kleine Theater brachte am 1. April 1955 eine überarbeitete Fassung mit elf Bildern heraus. Am Moskauer Stanislawski-und-Nemirowitsch-Dantschenko-Theater folgte im Rahmen der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Oktoberrevolution am 7. November 1957 eine Aufführung mit 13 Bildern. Der staatliche Musikverlag brachte 1958 im Rahmen von Prokofjews Gesammelten Werken eine Edition der Oper in drei Bänden, mit Epigraph, Ouvertüre und 13 Bildern, heraus, die als Fassung letzter Hand gilt. Im Vorwort wird Prokofjew zitiert, der für die Fassung mit 13 Bildern eine Reihe von Kürzungsvorschlägen machte, wenn man die Oper an einem Abend zeigen will. Streichen könne man das Epigraph, das 7. Bild (in Besuchows Haus), das 9. Bild (Auf der Schanze von Schewardino) und das 11. Bild (Straße bei Moskau). Für Aufführungen könne man entscheiden, mit der Ouvertüre oder direkt mit dem 1. Bild zu beginnen. Das 4. Bild (in Besuchows Haus, bei Hélène) oder das 5. Bild (bei Dolochow) und das 10. Bild (Fili) könne man kürzen. Außerdem könne man innerhalb der Szenen verschiedene Kürzungen vornehmen. Prokofjew nennt elf Stellen mit exakten Taktangaben.

Krieg und Frieden ist ein Werk in unterschiedlichen Gestalten und Spieldauern, das sich den jeweiligen Aufführungsbedingungen anpasst. Dass die Hauptidee sich durch alle Varianten hindurch erhält, darauf vertraute auch Prokofjew.

Die komplette Fassung mit variabel zu plazierendem Epigraph und 13 Bildern ist also eine Vorlage, aus der Theater sich unterschiedliche Fassungen zusammenstellen können. Krieg und Frieden ist nicht ein auktoriales Werk, das – wie etwa eine Wagner-Oper oder manch neuere Opern – in einer einzigen Gestalt existiert, sondern eher, wie im Falle älterer Stücke bis heute in der internationalen Praxis üblich, ein Werk in unterschiedlichen Gestalten und Spieldauern, das sich den jeweiligen Aufführungsbedingungen anpasst. Dass die Hauptidee sich durch alle Varianten hindurch erhält, darauf vertrauten und vertrauen Komponisten, auch Prokofjew.

Krieg und Frieden (Woina i mir)

Hintergründe zum Stück