Normalerweise muss man ins Theater gehen, um Vorstellungen des Balletts, der Oper oder des Orchesters zu sehen. Mit diesem Projekt schlägt das Bayerische Staatsballett jedoch einen anderen Weg ein und bringt das Ballett mit. Das Ballett wird mobil. Mit dem beliebten Kindertanzstück Wie der Fisch zum Meer fand, welches 2022 seine Premiere feierte, reist die Produktion nun in verschiedene Grundschulen in München und Umkreis und ermöglicht so vielen jungen Schüler:innen das Erleben einer Tanzvorstellung außerhalb des Theatersaals. 

Editorial: Das mobile Ballett

Eine Schulstunden-Premiere der besonderen Art:

Rund 90 Kinderaugenpaare richten sich neugierig in die hintere Ecke einer abgedunkelten Grundschul-Turnhalle. Dorthin wo neben den blauen Weichbodenmatten durchsichtige Heliumluftballons wie Blubberblasen Richtung Decke schweben und wo eine gußeiserne weiße Badewanne ganz selbstverständlich in der Mitte eines silbrig glänzenden Tanzbodens thront.

Es ist eine Schulstunde der besonderen Art. Heute flitzen in der Turnhalle keine Kinderfüße umher. Heute schwimmen hier anmutige Tänzerbeine wie Fische durch den Raum.

Zu Gast in der Laimer Grundschule an der Droste-Hülshoff-Straße sind erstmals die Bayerische Staatsoper und das Bayerische Staatsballett. Gezeigt wird das Kindertanzstück „Wie der Fisch zum Meer fand,“ eine Produktion aus dem Jahr 2022, die nun erstmals als mobile Produktion durch Münchner Schulen tourt. Ziel des Kind&Co-Programms der Bayerischen Staatsoper in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsballett: so viele junge Menschen zu erreichen wie möglich; auch solche, die sonst nicht oder selten den Weg in das Münchner Nationaltheater finden.

In der Unterwasserwelt der Turnhalle schwimmt der kleine Fisch, dargestellt von Judith Seibert, in seinem orangefarbenen Gewand und begleitet von zwei weiteren getanzten Meeresbewohnern fröhlich durch die imaginären Wellen. Die Kinder auf den Turnmatten imitieren die Schwimmbewegungen der Tänzer:innen und die auf- und zuklappenden Fischmäuler. Ab und zu erklingt leises Gelächter. Eine fröhliche Unterwasserwelt. Zumindest solange, bis der Fisch ins Grübeln verfällt.

Denn entsprechend der literarischen Vorlage von Alan Watts Bilderbucherzählung Wie der Fisch zum Meer fand (The Fish Who Found The Sea) aus dem Jahr 1944 denkt der Fisch so stark darüber nach, warum und wie er eigentlich schwimmen kann, dass er darüber fast seine Fähigkeit zur Fortbewegung verliert.

Gebannt verfolgen die Erstklässler:innen und auch eine Vorschulgruppe des benachbarten Kindergartens, wie sich der kleine Meeresbewohner, der sich eben noch gut gelaunt durch die Blubberblasen-Geräuschkulisse treiben ließ, panisch im Kreis zu drehen beginnt.

Arme und Beine strampeln hektisch, auch die Erzählstimme, die zugleich das den Fisch umgebende Meer verkörpert, wird nervös. Doch dann fasst sich das Meer ein Herz: „Wenn du nicht schwimmen könntest, wieso bist du dann noch nicht auf den Meeresgrund gefallen?“, fragt die Stimme beruhigend aus dem Off.

Und so findet der kleine Fisch schließlich wieder zu sich selbst und seinen Fähigkeiten zurück. Dort wo er ist, ist er genau richtig. Glücklich tanzt er um seine Badewannenwohnung herum. Und die vielen kleinen Kinderhände verwandeln sich in fröhliche Flossen.

Wenig später erklingt lauter Applaus aus der Halle. Die Tänzer:innen verbeugen sich und schwimmen in die Garderobe, die Kinder der 1a, 1b und 1c kehren zurück in ihre Klassenzimmer.

„Das hat super funktioniert“, ist das Fazit der Staatsopern- und Staatsballett-Mitarbeiter:innen nach 45 Minuten Blubberblasen-Tanz. Eine geglückte außer-Haus-Premiere, 90 augenscheinlich glückliche Kinder und ein ebenso glückliches Kollegium.

 

„Wie der Fisch zum Meer fand“ – eine mobile Tanztheaterproduktion von Bayerischer Staatsoper und Bayerischem Staatsballett.
Altersgruppe: 4 bis 7 Jahre

Anfragen an: [email protected]

 

Autorin: Annette Baumann