Konstanze Vernon
Konstanze Vernon gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten des Klassischen Balletts in Deutschland. Sie begann ihre Ballettausbildung als 6-Jährige bei der berühmten russischen Pädagogin Tatjana Gsovsky, wurde mit 14 Jahren Mitglied des Berliner Balletts und mit 17 Jahren jüngste Solistin des Ensembles. Für ihre tänzerischen Leistungen zeichnete sie die Pariser Académie de Danse 1962 als erste Deutsche mit dem Serge-Lifar-Preis aus.
Heinz Rosen, Ballettdirektor der Bayerischen Staatsoper, holte Konstanze Vernon 1963 als Solistin in sein Münchner Ensemble. Hier tanzte sie achtzehn Jahre lang als Primaballerina des Ensembles nahezu alle großen Rollen des klassischen und modernen Repertoires.Zusammen mit ihrem Partner Heinz Bosl wurden sie beide zum Traumpaar des Münchner Publikums. Konstanze Vernons Interpretationen der tragischen Titelfigur in Giselle und der Tatjana in John Crankos Ballett Onegin setzten Maßstäbe für die folgenden Generationen. Ebenso unvergessen ist ihr Auftritt in Gerhard Bohners Die Folterungen der Beatrice Cenci.
Noch während ihrer aktiven Zeit als Tänzerin widmete sich Konstanze Vernon der Ausbildung des tänzerischen Nachwuchses. Sie unterrichtete zunächst stundenweise an der Hochschule für Musik in München und wurde hier nach Abschluss ihrer aktiven Tänzerlaufbahn ordentliche Professorin.
Durch die Gründung einer Stiftung im Jahre 1978, der sie den Namen ihres verstorbenen Partners Heinz Bosl gab, schuf Konstanze Vernon mit finanzieller Unterstützung ihres Ehemannes die entscheidende Grundlage für eine völlige Neugestaltung der Tanzausbildung in Bayern. Maßgeblich dafür waren das Engagement hervorragender russischer Pädagogen und die Einführung des Waganowa-Systems.
Die Zahl der erfolgreichen Studenten stieg sprunghaft. Erstmals in der Ballettgeschichte gewannen Studentinnen einer westdeutschen Akademie auf den großen internationalen Ballettwettbewerben Gold, Silber und Bronze. Gleichzeitig stieg auch die Anzahl der Studenten, die sofort nach ihrem Studium einen Theatervertrag erhielten. Der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München honorierten diese dynamische Entwicklung, die München zum Treffpunkt junger Tanzschaffender werden ließ, mit dem Umbau eines ehemaligen Trambahndepots in Münchens Studentenviertel Schwabing zu einem beispielhaften Ausbildungszentrum für Ballett.
1988 wurde Konstanze Vernon von der Bayerischen Staatsregierung mit der Leitung und Umwandlung des Opernballetts zu einer selbständigen Compagnie, dem Bayerischen Staatsballett, beauftragt. Die Vernon nahm diese Herausforderung an. Sie setzte den Bau eines eigenen Trainings- und Probenhauses für die neue Compagnie durch, formte aus den jungen, heranwachsenden Talenten der Ballett-Akademie ein professionelles Ensemble und erweiterte das Münchner Repertoire durch Meisterwerke namhafter Choreographen zu einem der bedeutendsten in Europa. Erfolgreiche Gastspiele dieses jungen Staatsballetts in New York, Peking, Shanghai, Manila und Seoul krönten diese Schaffensperiode. Mit der deutschen Erstaufführung von La Bayadère (Choreographie: Patrice Bart) beendete die Vernon ihre Zeit als Ballettdirektorin und widmete sich ganz der pädagogischen Arbeit als Professorin der Münchner Ballettakademie.
Noch während ihrer letzten Jahre als Direktorin des Staatsballetts initiierte Konstanze Vernon durch die Heinz-Bosl-Stiftung die Gründung eines Studiengangs zur Ausbildung von Ballettpädagogen an der Münchner Musikhochschule, für dessen Leitung mit Alexander Prokofjew ein international herausragender Fachmann gewonnen wurde. Ebenfalls noch während ihres letzten Direktionsjahres konnte die Heinz-Bosl-Stiftung dank einer Erbschaft in unmittelbarer Nähe des Ausbildungszentrums ein Wohnheim für die Studenten errichten. Zwei Gastspiele der Studenten in Moskau förderten das internationale Renomée der Münchner Ballettakademie.
Konstanze Vernon erhielt für ihre Verdienste als Tänzerin und Pädagogin zahlreiche Auszeichnungen, so zum Beispiel den Bayerischen Verdienstorden (1982), den kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München (1990), den Deutschen Tanzpreis (1991), den Maximiliansorden des Freistaates Bayern (1993), die Bayerische Verfassungsmedaille in Silber (1997), die Bayerische Verdienstmedaille Pro Meritis (1998) und den Kulturpreis der Bayerischen Landesstiftung (2006). Im Jahr 1998 wurde sie zum Ehrenmitglied der Bayerischen Staatsoper ernannt.
Konstanze Vernon starb am 21. Januar 2013.