Ulrich Reß verabschiedet sich in den Ruhestand

Nach 38 Jahren und weit über zweitausend Auftritten verabschiedet die Bayerische Staatsoper ihr langjähriges Ensemblemitglied, den Bayerischen Kammersänger Ulrich Reß, im Rahmen der Vorstellung von Richard Strauss’ Der Rosenkavalier am Sonntag, 24. Juli 2022, 17 Uhr, im Nationaltheater in den wohlverdienten Ruhestand. Ulrich Reß wird an dem Abend, wie so viele Male zuvor, die Partie des Valzacchi verkörpern.

Ulrich Reß wurde 1956 in Augsburg geboren. Bereits in Kindheitsjahren war er, unter anderem als Ministrant im Augsburger Dom, in stetigem Kontakt mit Musik. Der ältere Bruder Wolfgang, Dirigent und Kirchenmusiker, brachte Ulrich Reß, der eigentlich eine andere Berufslaufbahn eingeschlagen hatte, ans damalige Leopold-Mozart-Konservatorium in seiner Heimatstadt. Nach seinem Gesangsstudium erhielt er 1979 sein erstes Engagement am Augsburger Theater, 1984 wechselte er als Spieltenor an die Bayerische Staatsoper. Schon zuvor hatte er in der Vorstellung vom 2. Februar 1984 als Steuermann (Der fliegende Holländer) sein Hausdebüt am Nationaltheater gegeben. Weit über zweitausend Opernauftritte, dazu noch zahllose Konzerte, hat er auf den Bühnen der Bayerischen Staatsoper absolviert. Noch heute berichten andere Ensemblemitglieder, welch „vorbildlichen David“ (in den Meistersingern von Nürnberg) der Tenor über die Jahre gab. Dirigent Zubin Mehta war von seiner Mime-Interpretation so begeistert, dass er ihn in der Partie für die Ring-Produktion mit La fura dels baus in Valencia und Florenz mitnahm. Fernab der Bayerischen Staatsoper gastierte er unter anderem in Dresden, an vielen anderen deutschen Theatern sowie in Frankreich. Mit der Bayerischen Staatsoper ging er unzählige Male auf Tournee, darunter bei fast allen Japan-Gastspielen des Hauses.

Ulrich Reß gilt, als inzwischen Dienstältester im Ensemble der Bayerischen Staatsoper, im Sängerkollegium als Ruhepol, als stets vertrauenswürdiger und hilfsbereiter Zuhörer, und ist allgemein anerkannt als ein Künstler, der sein Handwerk meisterlich versteht.Zu seinen wichtigsten und am häufigsten gesungenen Partien zählen Monostatos, Valzacchi, Knusperhexe, Dr. Blind, Vašek/Wenzel und Mime (Rheingold und Siegfried). Oft war er auch als Basilio, David, Steuermann, Ein junger Seemann, Walther von der Vogelweide/Heinrich der Schreiber, Kilian, Brighella/Scaramuccio, Herodes/Erster Jude, Aegisth, Graf Elemer, Dr. Cajus, Altoum/Pong, Remendado, Spalanzani und Triquet zu erleben. Seine letzte Premierenpartie als Ensemblemitglied war Vater Mignon. Im Rahmen der Vorstellung von Der Rosenkavalier am Sonntag, 24. Juli 2022, in der er ein weiteres Mal als Valzacchi auftritt, geht Ulrich Reß in den wohlverdienten Ruhestand. Doch der Abschied ist nur ein teilweiser: Schon in der kommenden Saison wird er als Gast an sein langjähriges Stammhaus zurückkehren.

Auch Intendant Serge Dorny äußerte sich zu Reß Ruhestand: „Wir verneigen uns heute nicht nur vor dem Sänger und Ausnahme-Darsteller Ulrich Reß, sondern auch vor ihm als Mensch. Er ist ein Kollege, wie man ihn sich nur wünschen kann. Als erklärter leidenschaftlicher Familienmensch gestaltet er auch die Beziehungen seiner Opernfamilie mit viel Herzblut und großem sozialen Engagement. Er teilt gern seine reichen Erfahrungen mit den jüngeren Kolleginnen und Kollegen, um sie auf ihrem Berufsweg zu unterstützen. Als jetzt Dienstältester im Ensemble strahlt er eine große Gelassenheit aus. Ich habe gehört, dass er als leidenschaftlicher Koch im Ensemblezimmer oft selbst zubereitete Köstlichkeiten dargeboten hat. Dies ist nur eine der vielen schönen Erinnerungen, die wir auch jenseits seiner großen Leistungen auf der Bühne behalten werden."

Die Bayerische Staatsoper dankt Ulrich Reß für sein jahrzehntelanges Engagement und wünscht ihm und seiner Familie für die Zukunft alles Gute.

Ausschnitte aus Partien 1993-2004

Kilian in Der Freischütz, 1990 © S. Töpfer
Kilian in Der Freischütz, 1990 © S. Töpfer
Vasek in Die verkaufte Braut, 1997 © W. Hösl
Vasek in Die verkaufte Braut, 1997 © W. Hösl
Mime in Siegfried, 2004 © W. Hösl
Mime in Siegfried, 2004 © W. Hösl
Mime in Siegfried, 2004 © W. Hösl
Mime in Siegfried, 2004 © W. Hösl

Ausschnitte aus Partien 2010-2022

Der Förster in Rusalka, 2010 © W. Hösl
Der Förster in Rusalka, 2010 © W. Hösl
Der Tanzmeister in Manon Lescaut, 2014 © W. Hösl
Der Tanzmeister in Manon Lescaut, 2014 © W. Hösl
Meistersinger 2016, Probe © W. Hösl
Meistersinger 2016, Probe © W. Hösl
Der Abate in Andrea Chenier, 2017 © W. Hösl
Der Abate in Andrea Chenier, 2017 © W. Hösl
Der alte Sträfling in Aus einem Totenhaus, 2018 © W. Hösl
Der alte Sträfling in Aus einem Totenhaus, 2018 © W. Hösl
Vater Mignon in Die Teufel von Loudun, 2022 © W. Hösl
Vater Mignon in Die Teufel von Loudun, 2022 © W. Hösl