RETROSPEKTIVE WILFRIED HÖSL
Sonderausstellung von Wilfried Hösl „Bühnenwelt – Weltbühne“
 

Den Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze. Die Kunst des Theaters ist ephemer, flüchtig, sie ereignet sich im Moment, und dass sie danach vergangen ist und grundsätzlich unwiederholbar, verleiht ihr die nicht zu ersetzende Unmittelbarkeit und Wirkungsmacht. Allerdings kann die Theaterfotografie den Zeitgenossen helfen, ihre Erinnerung an das Bühnengeschehen wachzuhalten – gerade, weil sie nur den Augenblick bannt. Denn damit führt sie das Wesen des Erlebten vor Augen, ruft ins Bewusstsein, dass Theater zuallererst Vorgang, Bewegung, Verlauf, Veränderung ist.

Wilfried Hösl setzt sich schon sein gesamtes Berufsleben lang mit diesem Phänomen auseinander. 1957 im oberpfälzischen Altendorf geboren, studierte er von 1978 bis 1982 Fotoingenieurwesens an der Fachhochschule in Köln. Eher zufällig gelangte er, nach Assistenzen bei verschiedenen Fotografen, 1983 ans Bayerische Staatsschauspiel – der Wunsch, nach Bayern zurückzukehren, spielte dabei keine geringe Rolle. Gleichwohl wurde der Job zur Berufung, Wilfried Hösl blieb fortan dem Theater treu. Ein Jahrzehnt später wechselte er ans Nachbarhaus zur Bayerischen Staatsoper; auch für das Bayerische Staatsballett war er lange tätig. Plakate, Magazine, Programmhefte und Jahrbücher, bald auch die Online-Medien der Staatsoper vertrauten auf seine Kunst, ebenso wie die Redaktionen der berichterstattenden Organe auf seine Aufführungsdokumente zurückgriffen.

Die Faszination des Theaters, ob in Schauspiel, Oper oder Ballett, hängt zu einem Großteil an der Ausstrahlung seiner Protagonisten. Ihre künstlerische Aura auch im Format des Porträts einzufangen, spielte stets eine große Rolle in Wilfried Hösls Schaffen. Seine Aufführungsfotos ebenso wie seine Porträts und freie Arbeiten wurden weit über die Theaterwelt hinaus wahrgenommen: Seiner ersten Ausstellung 1987 in Köln (mit Porträts u. a. von Jeanne Moreau und Ingmar Bergman) folgten weitere auf der Quatrième Triennale internationale de la photographie in Charleroi, im Centre d’Art Contemporain in Brüssel und im Münchner Residenztheater. 1991 wurde er beim European Kodak Award für hervorragende fotografische Arbeit ausgezeichnet, 1998 erhielt er den Festspielpreis der Gesellschaft zur Förderung der Münchner Opernfestspiele. Seine Fotografien befinden sich in der Sammlung der Bibliothèque nationale de France in Paris, im Musée de la Photographie im belgischen Charleroi und in privaten Sammlungen. Von 1997 bis 2010 gab er als Dozent für Fotografie an der Universität Mozarteum Salzburg seine Erfahrungen an junge Generationen von Theaterschaffenden weiter.

Auf Initiative der Freunde des Nationaltheaters e. V. und dank ihrer großzügigen Unterstützung zeigt diese Ausstellung eine kleine Auswahl aus vier Jahrzehnten des theater- und porträtfotografischen Wirkens von Wilfried Hösl in München.

Malte Krasting

Die Ausstellung kann im Rahmen eines Vorstellungsbesuchs vor der Vorstellung sowie in den Pausen besucht werden.

„Die Fotografie ist Zeuge jenes komplexen Moments, das Theater ausmacht.“

- Wilfried Hösl, 2005

 

„Die eigentlich magischen Momente sind diejenigen, die man im Bild nicht festhalten kann, die nicht direkt ans Licht kommen und dennoch vorhanden sind. Ganz besonders spürt man das im Theater. Jeder Zuschauer nimmt eine Aufführung anders wahr, erlebt dabei etwas ganz Eigenes, was nur an diesem Abend geschieht, was nur er von seinem Platz aus, in der Stimmung, in der er sich gerade befindet, sieht und hört, und was weder durch Film noch durch Fotografie konserviert werden kann. Das kann ich mit meiner Kamera nicht festhalten. Ich kann nur versuchen, mich einigen dieser unwiederbringlichen Augenblicke anzunähern.“

- Wilfried Hösl, 2005

 

„Das Foto wirkt unmittelbarer, es ist einprägsamer als die beweglichen Bilder. Es ist Produkt eines selektiven Verfahrens, weshalb es für die Wahrnehmung und die Verbreitung eines Ereignisses wirksamer ist. Wenn in den Tageszeitungen ein oder zwei Bilder einer Aufführung erscheinen, so setzen diese Bilder sich in den Köpfen der Leser fest, von denen die meisten die Aufführung nicht gesehen haben und auch nie sehen werden. Aber sie schaffen Zuordnungen zu einem Theater, zu einem Regisseur, zu einem Bühnenstück etc. und sind somit ein Machtfaktor, ein Mittel, um auf die Meinung, das Urteilsvermögen, den Geschmack anderer Einfluss zu nehmen, sich ihrer Aufmerksamkeit zu bemächtigen.“
 

„Die Theaterfotografie schafft ihre eigene Wirklichkeit, obwohl sie in der Hauptsache die Wirklichkeit der Bühne wiedergeben soll.“

 

- Wilfried Hösl, 2005

WILFRIED HÖSL

1957 im oberpfälzischen Altendorf geboren, studierte Wilfried Hösl von 1978 bis 1982 Fotoingenieurwesens an der Fachhochschule in Köln. Nach Assistenzen bei verschiedenen Fotografen kam er 1983 ans Bayerische Staatsschauspiel. Zehn Jahre später wechselte er an die Bayerische Staatsoper; auch für das Bayerische Staatsballett war er lange tätig. Seiner ersten Ausstellung 1987 in Köln (mit Porträts 1983–1987) folgten weitere Ausstellungen auf der Quatrième Triennale internationale de la photographie in Charleroi, im Centre d’Art Contemporain in Brüssel und im Münchner Residenztheater.