Der Mount Everest der Opernliteratur

Ein Interview in der ersten Probenwoche
mit Regisseur David Hermann und Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski

Foto: Mount Everst Foto / Credit: Ehab Al-Hakawati. Brooke Balantine

DH David Hermann
VJ Vladimir Jurowski
OR Olaf Roth

OR Würdet ihr Don Giovanni auf die einsame Insel mitnehmen?

VJ Als ich ganz jung war, sagte ich, wie Schostakowitsch, ich würde das Lied von der Erde von Mahler mitnehmen. Vor ein paar Jahren meinte ich im Interview, ich würde die h-Moll Messe von Bach mitnehmen. Wenn es aber ein Werk von Mozart sein müsste, dann wäre es wahrscheinlich doch Die Zauberflöte, weil sie am ehesten als Lebensstütze dienen kann. Don Giovanni ist ein spezieller Fall. Allein schon durch die Thematik und die Tonarten, die ihn umkreisen oder die er umkreist, dem Requiem am nächsten stehend und teilweise den letzten Symphonien. Aber ich finde das Werk einfach zu deprimierend und zu düster, als dass ich es mit auf die einsame Insel nehmen würde.

DH  Don Giovanni ist wie eine Art Schwarzes Loch – das Stück umgibt eine Art Mysterium. Jede Musiknummer zieht – auch wenn wir uns die Tonarten ansehen – zur nächsten. Bei der Zauberflöte und auch in Figaro oder Così habe ich das Gefühl, es gibt ab und zu Momente, die wirklich für sich atmen können. Das gibt es in Don Giovanni kaum. Über dieser Oper liegt eine ungemein disparate Grundstimmung. Selten gibt es völlig freie Sicht in dem Stück, immer liegt eine Art Nebelschleier darüber, und den muss man durchdringen.

OR Wie kommt es dann, dass E.T.A. Hoffmann Don Giovanni als die Oper aller Opern bezeichnet? Was sehen wir heute vielleicht kritischer als damals?

VJDon Giovanni ist zeitlich kurz vor dem Zusammenbruch des Ancien Régime entstanden, geistig aber schon in einer neuen Zeit. Der Figaro versucht, konstruktiv ein Gegenmodell zu entwerfen. Hier haben wir es mit einer destruktiven Antimaterie zu tun. Das beruht auch darauf, dass Da Ponte hier einen – explosiven! – Stoff wählte, der schon mehrfach in Szene gesetzt und vertont worden war.

DH Einen Mythos.

VJ Genau. Einen der zentralen Mythen der europäischen Geschichte, wie Faust. Und jetzt versucht Da Ponte mithilfe seiner doch sehr scharfzüngigen Feder, ein sehr publikumswirksames Spektakel zu entwerfen, eine brutale, unverfrorene Komödie mit dramatischen Wirkungen. Mozart fängt jedoch um diese Zeit an, sich mit den letzten Dingen auseinanderzusetzen. Sie ziehen beide in sehr unterschiedliche Richtungen. Es gibt also den explosiven, revolutionären Stoff, den Konflikt der Stände, Geschlechter und Generationen. Und dann gibt es diese absolut mystische Dimension der Musik Mozarts, die mit dem Stoff fast nichts zu tun hat. So einen Don Giovanni hat es vorher nicht gegeben, und ich glaube, aus dieser Mischung entsteht dieses romantische Gefühl, das Gefühl der Romantik.

DH Es ist interessant, wie Mozart auf den Tod reagiert. Es ist wohl mit Ausnahme der Königin der Nacht und der drei Damen in der Zauberflöte das einzige Mal, dass eine Figur auf der Bühne stirbt. In Idomeneo oder La finta giardiniera wird der Tod immerhin gestreift. Aber dass er sich tatsächlich auf der Bühne ereignet, geschieht hier zum ersten Mal bei Mozart. Endlich hatte er die Gelegenheit, in diese Sphären vorzudringen. Der Tod findet nicht nur musikalisch statt, sondern Mozart gibt ihm Raum, er infiziert die anderen Figuren und verändert sie. Da Ponte mag das vielleicht oberflächlicher gemeint haben, doch Mozart hat keine Angst und sieht dem Tod gewissermaßen ins Auge.

VJ Und Mozart scheut sich auch nicht, die Stilrichtungen zu mischen, weil er hier eindeutige Commedia-dell’arte-Buffofiguren wie Zerlina und Masetto hat oder Leporello. Und dann bringt er Figuren aus der Opera seria herein wie Anna, Elvira und Ottavio.

OR Wir sind natürlich durch viele Don Giovanni-Inszenierungen gewissermaßen vorbelastet. Was reizt dich an diesem Stück ganz besonders?

DH Zunächst einmal ist es eine Herausforderung, ein derart komplexes Stück wie Don Giovanni zu inszenieren und dabei durchaus texttreu zu verfahren. Ich wollte aber herausfinden, ob man sich dem Stück nicht auf einer intellektuellen und gleichzeitig verspielten Ebene nähern kann, die Da Ponte als homme de lettres ja auch auszeichnet. Und da entdeckte ich diesen verschlüsselten Hinweis auf die beiden Figuren Proserpina und Pluto. Mein Ansatz ist, dem Stück mit seinem eigenen Personal eine neue Perspektive zu ermöglichen, ohne dass diese von außen kommt. Durchaus ein marivauxhafter, spielerischer Ansatz! Gerade um diese Düsternis ein wenig aufzulockern, sind diese beiden Figuren, die im Epilog genannt werden, in das Stück eingeflossen und bilden eine Art Widerstand. Und bei Don Giovanni, dieser sehr männlich gedeuteten Figur, suchen wir eine weiblichere Lesart oder Perspektive, indem wir eine Frau von seinem Körper Besitz nehmen lassen. Es ist, finde ich, im Sinne des 18. Jahrhunderts erlaubt, das auszutesten, auch aus einer Kenntnis heraus, wie Mozart über Identitäten und Rollentausch gedacht und auch geschrieben hat.

VJ Die Figur des Don Juan oder Don Giovanni dekonstruiert sich von Beginn an selbst. Er steht vor uns in seinem letzten Lebensabschnitt – nichts als Niederlagen und Misserfolge. Und das führt immer zu einer ganzen Reihe von Fragen. Wer ist Don Giovanni überhaupt? Stimmt der Mythos überhaupt? Die Art und Weise, wie David das eher ironisch betrachtet und analysiert, ist auch eine Art Dekonstruktion. Wie dekonstruiert man einen Frauenhelden? Indem man ihn von einer Frau erzählen lässt. Denn natürlich ist Don Giovanni, die Darstellung eines ausschließlich männlich geprägten Eros, erst einmal eine Männerfantasie.

OR Wie viel von Mozart steckt im Don Giovanni?

VJ Mozart identifiziert sich nicht mit Don Giovanni. Das ist absolut eindeutig. Er gestaltet ihn zwar anziehend, aber er zeigt auch, dass es tatsächlich fast nur eine leere Schale ist, denn er bekommt keinen einzigen Monolog. Er ist nur zweimal allein auf der Bühne: Einmal im Rezitativ, als er sagt, der Teufel müsse sich vorgenommen haben, seine Pläne zu durchkreuzen. Und das zweite Mal, wenn er das Ständchen vor dem Fenster von Elviras imaginärer Zofe singt. Man bemerkt bei Don Giovanni eine ungestillte Sehnsucht nach dem Idealbild einer Geliebten. Und das bedeutet, er muss ein sehr bitter enttäuschter Mann sein, der als Romantiker in ganz jungen Jahren angefangen hat, nach diesem Ideal zu jagen und im Laufe dieser Jagd den Sinn und Zweck seiner Suche längst verloren hat, weshalb er automatisch immer wieder die gleichen Handlungen wiederholt.

DH Dadurch, dass da jemand anderes in der Figur des Don Giovanni steckt, ergeben sich ganz andere Motivationen der szenischen Vorgänge. Durch Proserpina erklärt sich diese Lebensgier ganz neu. Daher dieses Übermaß an Musik, diese drei Orchester, dieses viele Essen, auch dieser übermäßige Kontakt mit Menschen. Außerdem interessiert mich, inwieweit es ein Korrektiv geben kann. Kann Proserpina etwas gegen die männliche Anlage ausrichten, gegen all das, was Don Giovanni getan und insbesondere den Frauen angetan hat? Inwieweit kann sie Elvira heilen? Lässt das Stück, die Musik, das zu? Was passiert in der Begegnung mit Donna Anna? Und bei Zerlina: Existiert eine Möglichkeit, sie vor dieser Ehe zu bewahren? Da Proserpina in ihrer Zwangsehe unglücklich ist, versucht sie, Zerlina andere Möglichkeiten aufzuzeigen. Proserpina ist insofern prädestiniert dafür, als sie eine Grenzgängerin zwischen Leben und Tod ist, zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Figur und Rolle.

OR Bildet Mozart die unterschiedlichen Stände ab? Hört man das musikalisch?

VJ Ja, definitiv. Mozart arbeitet mit bestimmten Stimmtypen und mit bestimmten musikalischen Topoi, die sich durch alle Da Ponte-Opern hindurchziehen. Da sind die Dienerfiguren: Figaro, Leporello, Masetto. Auch Guilelmo gehört in gewisser Weise in diese Kategorie. Die Bässe stehen bei Mozart immer für den einfacheren, niedrigeren Stand – mit Ausnahme des Komturs. Dann gibt es den Bariton-Typus – der Conte im Figaro, Don Giovanni, aber auch Don Alfonso –, also einen höheren Stand. Bei den Frauen gibt es Dienerinnen wie Susanna, Zerlina, Despina. Dann die noble Dame, wovon es hier mit Anna und Elvira gleich zwei gibt. Leporello ist ein interessanter Fall, weil er kein Diener mehr sein will, sondern Herr. Am Ende des ersten Akts spielen auf Veranlassung von Don Giovanni gleichzeitig drei Orchester – sie repräsentieren drei Stände. Mozart macht hier ein Experiment, welches schon an Charles Ives erinnert …

DH Mozart ist auch insofern ein Musiktheatraliker, als er besessen davon war, Timing und fast cinematographische Abläufe in die Musik einzuführen, wie es sie vorher nicht gab, und auch danach nicht mehr. Wenn man den Aufbau der Finalstrukturen betrachtet, muss man zu dem Schluss kommen, dass er tatsächlich beim Schreiben die Szene gesehen hat; da ist kein Takt zu viel.

VJ Hinter allem liegt eine absolut eherne Tempodramaturgie. Allein der Beginn: Die Ouvertüre beginnt mit einem langsamen Andante  alla breve, gefolgt von einem molto allegro und geht attacca in die Introduktion über. Diese ist auch mit einem – etwas langsameren – molto allegro überschrieben. Wenn der Komtur stirbt, gibt es ein Männerterzett mit der Tempobezeichnung andante  alla breve, also genau das gleiche Tempo wie in der Ouvertüre, obwohl es eine andere Musik ist. Das heißt, er bildet einen Bogen, und das Gleiche macht er dann auch im Finale. Es gibt viele Allegro- oder Molto-allegro-Stellen, aber in jedem Akt nur je ein einziges presto: Im ersten Akt die Arie von Don Giovanni „Finch’han dal vino“ und im zweiten die Coda der Scena ultima. Dahinter steckt eine absolut klare kompositorische Absicht, die aber nicht unbedingt rein musikdramatisch wie später bei Wagner zu erklären ist. Es hat oft eigene, rein musikalische Gründe.

OR Beim Don Giovanni stellt sich natürlich die Frage nach der Fassung. Welche musikalischen und inhaltlichen Überlegungen haben euch geleitet?

DH Die Prager Fassung scheint mir als Regisseur von den Proportionen her ziemlich ideal. Aber ich verstehe, dass man Elvira noch ein weiteres Fenster geben möchte, um gerade ihren Auftritt am Ende noch ein bisschen zu unterfüttern. Ich finde aber, dass bei jeder Fassung die Schlussszene dabei sein muss, weil sie uns eben durch die Zerstörung einer falschen romantischen Illusion dieser Höllenfahrt wieder wachrüttelt. Mozart war ein intellektueller, sehr wacher, spielerischer Mensch. Er sagt zu uns: Ich kann euch erschüttern, aber ich will auch, dass ihr weiterdenkt. Und deswegen ist es auch vom Text her wie ein direkter Dialog oder Ansprache des Publikums. Die vierte Wand wird zumindest textlich geöffnet. Musikalisch eigentlich auch,  weil es eine Art concertato ist, die Figuren werden quasi zu kleinen Gesangsmaschinen. Wir distanzieren uns da von einer Emotionalität und gehen gemeinsam in eine neue Darstellungsform.

VJ Andererseits gibt es in der scena ultima immer diesen leicht moralisierenden Aspekt.

OR Das könnte man ja auch aus dem Untertitel des Stücks herauslesen, Der bestrafte Wüstling …

VJ Der passt, gleichzeitig aber auch nicht, weil niemand von den handelnden Personen so ganz rein ist bei uns – vielleicht bis auf Donna Elvira. Worauf wir verzichten, ist die Szene am Ende zwischen Ottavio und Anna, weil sie auf eine gewisse Art Selbstzweck ist. Als Zuschauer – nicht als Dirigent – fand ich es immer uninteressant, wenn die Figuren dem Publikum erzählen, was mit ihnen als nächstes geschieht: noch ein Jahr abwarten, ins Kloster oder essen gehen, sich einen neuen Herrn suchen. Und dann entdeckte ich durch Zufall, dass es von Mozart selbst einen genialen Strichvorschlag gibt, der angeblich bei der Wiener Erstaufführung so ausgeführt wurde. Dieser Mittelteil ist von Mozarts eigener Hand weggestrichen, und zwar so sauber, dass man gar nicht glauben mag, dass es ihn je gegeben hat. Das war mein Vorschlag bei unserem ersten Treffen, dass wir aus der Wiener Fassung diesen Schluss mit dem von Mozart vorgeschlagenen Strich benutzen, wo interessanterweise auch die Erwähnung von Proserpina und Pluto deutlicher hervortritt; alle singen gemeinsam „Resti dunque quel birbon / con Proserpina e Pluton“. Ich fand das sehr Brechtisch, das ist richtiges episches Theater.

OR Welche Auswirkungen auf das Figurengefüge hat denn die Einführung dieser Götterebene?

DH Es kommt dadurch zu interessanten Verschiebungen. Dadurch, dass die Figur des Don Giovanni gleichsam „fremdgesteuert“ ist, werden die Zuschauer:innen gezwungen, genauer hinzusehen: Ist das Verführung – oder Erkundung? Ist das Machtmissbrauch – oder das Ausloten von Grenzen? Proserpinas Entscheidungen sind zugleich Spiegelungen, und es stellt sich die Frage: Wo endet Verantwortung für eine Handlung, wo beginnt Täuschung? Die bittere Erkenntnis dieses Ansatzes ist: Die Wahrheit ist nichts Fixiertes, Erwartbares. Sie wird inszeniert, ist nicht zwingend das, was erzählt wird, wohl aber das, was wir zu erkennen bereit sind. Aufschlussreich ist in dem Zusammenhang die Reaktion der Figuren auf Don Giovanni: Sie erwarten – wie die Zuschauer:innen! – bestimmte Handlungen von bestimmten Körpern. Am Ende wird nicht Don Giovanni entlarvt, sondern unser Blick auf ihn. Und es zeigt sich: Das System aus Begehren, Täuschen, Macht und Verführung ist letztlich größer als eine einzelne Figur.

OR Was ändert sich musikalisch zwischen Figaro und Don Giovanni?

VJ Figaro und Giovanni sind schon auf derselben musikalischen stratosphärischen Ebene komponiert. Man kann hier tatsächlich vom Mount Everest der Opernliteratur jener Zeit sprechen. Aber Figaro gehört eindeutig in die Dur-Tonarten, in das nur ab und zu ein Aufflackern des Schmerzes in Form von Moll dringt. Don Giovanni ist wirklich pechschwarz gefärbt, auch mit einem gelegentlichen Aufflackern, aber eher wie eine Flamme. Wir finden sie auch in der Prager Symphonie, die mit ihrer Komtur-haften Einleitung wie eine Zwillingsschwester des Don Giovanni wirkt, oder wie das d-Moll-Klavierkonzert und natürlich das Requiem. Es ist auch sehr interessant zu sehen, wie er im Don Giovanni die Blasinstrumente einsetzt, dass er die Posaunen einführt. An sich nichts Neues, Posaunen gibt es in der Opernliteratur seit Monteverdi. Mozart macht es aber in einer Art und Weise, die tatsächlich schon zukunftsweisend ist. Oder sein Einsatz der Klarinetten. Es ist auch aufschlussreich, wie Mozart das Continuo behandelt, es wird zu einem aktiven musikalischen Mitspieler, inklusive Cello. Wir verwenden einen Hammerflügel, obwohl es in Prag ein Cembalo gewesen zu sein scheint – Prag war vermutlich noch nicht ganz auf dem neuesten Stand.

DH Wenn du von Mozart und seinem Sprung auf dieses Mount-Everest-Niveau sprichst – ich glaube, dass er das vor allem auch durch Da Ponte schafft. Indem er zum einzigen Mal in dieser Trilogie mit einem wirklich literarischen Libretto konfrontiert wird, kann Mozart alles, was er in diesem kurzen, aber so intensiven Leben aufgesogen hat, anwenden. Oder wie der Auftrag für das Requiem plötzlich etwas zum Vorschein bringt, das bereits da war. Wie eben auch ein Genie wie Mozart im Grunde Gefäße braucht, in das sich dieses Genie ergießen kann.

VJ Deshalb möchte ich auch unbedingt die letzte Elvira-Arie behalten – kompositorisch ein völlig neuer Schritt. Unglaublich, wie ein Mensch so etwas konzipieren kann, und das steht für mich über der ganzen Don Giovanni-Thematik. Als Stoff ist Don Giovanni schon auch in einer Form höllisch. Aber das hier ist außerirdisch. Er zoomt quasi aus dem Kosmos auf die Erde, sieht es aber von einer derartig hohen Perspektive aus, dass einem schwindelig wird. Das ist sozusagen ein Tom-Cruise-Stunt, bei dem er aus sieben Kilometer Höhe ohne Fallschirm springt. Er scheint vollkommen furchtlos zu sein. Mozart war kompositorisch gesehen ein Tom Cruise seiner Zeit. Er hatte vor nichts Angst.

OR Was ihn wiederum in die Nähe Don Giovannis bringt … Sind die drei Da Ponte-Opern eigentlich als Zyklus zu sehen? Gibt es da – auch inhaltliche – Querverbindungen?

DH Generell ja. Die Stücke sind in der inneren Verbundenheit der Figuren verwoben. In Cherubino etwa sind bereits die Anlagen des Don Giovanni vorhanden. Aber die drei Opern gleichen sich auch durch die überbordende Finalstruktur, in der Mozart gleichsam den coup de théâtre noch immer weiter auf die Spitze treibt. Von daher finde ich es immer sinnvoll, sie als Trilogie zu betrachten, sich gegenseitig widersprechend und auch gleichzeitig verbindend. Tatsächlich ist Così dann das radikalste Stück.

VJ Du hast weder die Formalitäten einer klassischen Komödie noch das Übernatürliche. Du kannst dich nirgendwohin flüchten. Es ist pure Existenz. Così sitzt wirklich im Nacken von Beethoven und Schubert. Figaro ist noch sehr im 18. Jahrhundert verwurzelt, das Stück versucht, aus ihm auszubrechen. Und Don Giovanni sitzt genau auf der Schwelle. Das ist die Perestroika des 18. Jahrhunderts. Das Jahr ’87, nur zweihundert Jahre früher.

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DON GIOVANNI